Thursday, October 15, 2009

Leben am Campus

Es ist kaum zu glauben, aber am Samstag bin ich schon vier Wochen hier! Mittlerweile ist meine Euphorie (OMG! Ich bin England! Wooohooo!) etwas abgeklungen, ich hab mich eingelebt, eine Routine hat sich eingestellt, aber: I still love it! Das von mir anfangs so gefürchtete Heimweh hat sich gar nicht eingestellt (obwohl ich euch alle natürlich schrecklich, schrecklich vermisse!)...

So beschloss ich sodann, euch mal eine typische Woche zu beschreiben:

Montag:
Ich wache um ca. 7:40 auf, schaue auf die Ohr, verdrehe genervt von mir selbst die Augen und dreh mich noch mal um. Zweiter Versuch gegen 9 Uhr wird gestattet und so erhebe ich mich aus dem Bett, falle wahlweise über meinen Rucksack oder mein zweites Kissen am Boden, hau mir sämtliche Ellenbogen an und lande irgendwann in der Dusche. Mit Glück sogar mit Handtuch.
Danach bin ich wach, hol mir Frühstück (KABA! Und einen Marmeladentoast oder Müsli)und setz mich an mein Unizeug. Irgendwann mach ich Mittagessen und danach folgt oft ein Mittagsschlaf (weil lesen ja so anstrengend ist! Markieren tu ich ja auch noch!), woraufhin ich wieder lese oder Freunde treffe. Nach dem Abendessen gehts auf zum großen Unichor, der so ca. 200 Seelen zählt und viel Spaß macht... Danach ratsche ich meistens noch mit den Leuten und daheim schlaf ich dann friedlich ein.

Dienstag:
Ich wachte um ca. 7:40 auf und hieve mich diesmal gleich beschwingt aus dem Bett. Da der Schreibtisch gleich gegenüber steht, komm ich meistens ohne große Blessuren an. Erst mal Computer an und die neue How I met your mother Folge her. Bevor ich aber das schauen anfang, hol ich mir natürlich mein Frühstück. Dann wird entspannt. Und das gleich doppelt, denn danach folgt The Big Bang Theory. Dann betätige ich mich akademisch, kühle mich beim duschen ab und schon ist es Zeit zum kochen. Meistens fällt das Dienstag etwas hektisch aus, denn um 14 Uhr ist ja schon mein erstes Seminar! Bzw. Workshop. In zwei Stunden erarbeiten wir uns auf der Bühne jeweils Extrakte aus jeweils zwei naturalistischen Dramen, die wir in der Woche zuvor (hoffentlich) gelesen haben. Ohne verzögerung geht der Workshop über in das Seminar, in dem dann alles noch mal analysiert wird und mit den Infos, die wir aus dem Further-Reading-Material haben, unterfüttert. Das ganze findet unter Jaynes Aufsicht statt, mit der nicht zu spaßen ist, obwohl ich mit ihr echt gut klar komm. Aber merkt euch: gekichert wird nicht. Immerhin gehen wir hier fünfmal gemeinsam ins Theater, auch nach London rein (The York Realist in den Riverside Studios London war PHANTASTISCH!). Nach vier Stunden ist mein Hirn ausgewrungen und ich wanke nach Hause. Dienstags bin ich meistens zu nicht viel zu gebrauchen; doch keine Müdigkeit vorteuschen: Weiter zu den Musical-Proben! Dann: SCHLAF!

Mittwoch:
Fängt ungefähr so wie Montag an. Eigentlich läuft er auch wie Montag ab. Meistens wasche ich hier meine Wäsche, weil da in der Laundry Hall nicht viel los ist (oder besser ausgedrückt: weniger als sonst).
Abends gehts dann statt zum Chor zum Irish Dancing. Ja, ihr dürft lachen, denn ich bin sicher, es sieht äußerst lächerlich aus, wenn ich zu irisher Musim Hop!One!Two! durch die Gegend hüpfe- bei der ersten lesson hab ich unfreiwillig gleich mal ein Solo aus den hinteren Reihen nach vorne hingelegt. Selbst jetzt bekommt Kathrin noch Lachkrämpfe davon. Zu meiner Verteidigung: Ich hab mich auf die Musik und das Tanzen konzentriert! Da kann ich doch nicht mitbekommen, dass wir grad gar net dran sind!
Abends schau ich dann einen Film, koche mit Freunden oder geh ins Pub. Beim ins Bettgehen stell ich mir den Wecker auf 8 Uhr.

Donnerstag:
Dank Wecker schau ich um 7:40 mal nicht auf die Uhr, sondern träum zwanzig Minuten einfach vor mich hin... himmlisch. Wenn dann der Wecker doch klingelt, quäl ich mich aus den Federn und stell mich unter die heiße Dusche. Lange. Aber nicht zu lange. Immerhin muss ich noch die neue Grey's Anatomy Folge schaffen,während dem Frühstück noch mal über die Notizen gehen,das Unizeug zusammen packen und - schon stolper ich außer Haus (das tu ich tatsächlich meistens, weil ich mich an die blöde Leiste nicht gewöhnen kann!). Dann verlauf ich mich erst mal. Das tu ich Donnerstags gerne, wenn auch nicht mehr so schlimm wie beim ersten Mal (eine 45minütige Odysse quer über den Campus, immer da, wo der Prof gerade nicht war... Ich könnte es genauer erzählen, ihr würdet euch totlachen, aber ein bisschen Würde muss ich mir ja bewahren! Ich sag nur so viel: es ist nicht lustige, ohne Grund 6 Stockwerke hochzuhetzen, nur um dann panisch wieder runterzulaufen!). Aber ich komme selbstverständlich immer pünktlich zu meiner lecture an (weil ich ja auch früh genug loslauf) und hör mir dann eine Vorlesung über das Englische Theater von Restauration (also King Charles II, wer es nicht wusste) bis Queen Victoria an (1660-1850 grob geschätzt). Nachmittags (in der Zwischenzeit wurde gegessen und wieder mal gelesen) wird diese VL in einem Seminar fortgesetzt. Leider genau in meiner Power Nap Zeit, deshalb bin ich da manchmal etwas schläfrig (obwohl das Adrenalin vom Verlaufen (JA, auch nachmittags, ihr habt ja KEINE Vorstellung, wie vertrackt diese Räume sind!) ziemlich gut anhält). Derryl, unser Prof, ist einfach zu putzig. In seinen 50gern, und das ideale Abbild des verwirrten Geistesnwissenschaftlers. Er kommt immer mit 1000 Ordnern rein, lässt sie dann erst mal fallen, bringt alles durcheinander, entschuldigt sich fortwährend... ich glaube, ihr bekommt das Bild. Heute hat er versucht, die white board mit einem Top sauber zu wischen...
Daheim hab ich dann gerade genug Zeit, um zu kochen und dann gehts am zum zweiten Chor (Disneylieder und Beatles und so! Macht mir jedes mal gute Laune!). Donnerstag ist ein guter Tag zum weggehen, immerhin wird da das Wochenende eingeleitet.

Freitag:
Siehe Montag und Mittwoch. Nur, dass ich nach dem Ausschlafen nach Canterbury reinfahre (meistens mit Nate) um mich im Tesco mit Lebensmitteln einzudecken. Letztens haben wir uns lecker-schmecker Fish and Chips geleistet. Ich bin schon so englisch!

Der Rest des Wochenendes: Schlafen, Party, Freunde, Musical-Proben, Theaterbesuche, akademisches Lesen, pleasure-lesen, Filme schauen, mit euch ewig skypen oder ICQ-schreiben....


Ansonsten hab ich noch einen praktischen Tipp für euch:
Wenn ihr in England nicht weiter auffallen wollt, dann baut möglichst oft

- lovely!
- Do I make any sense there?
- Are you alright?
- Are you happy?

in eure Sätze ein und schon klingt ihr wie die Einheimischen.
Außerdem solltet ihr -ganz anders als in Canada (für die, die gerne ihr Witze drüber reißen)- niemals die Türen offen lassen. Kann sein, dass mitten in der Nacht betrunkene Männer kommen und sich durch euer Essen im Kühlschrank und in den Schränken wühlen. Aber my french guy Roman hat uns verteidigt und die Unholde verscheucht!

Cheers

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