Teil I (Samstag verfasst)
Dieses Wochenende war definitiv anders geplant gewesen. Alles fing Donnerstag noch echt gut an, als ich Laubi nach der Uni traf. Wir sind zusammen heimgefahren und haben gequatscht und ein bisschen was gegessen. Danach machten wir uns auf die Suche nach Illy-Kaffee, aber ganze Bohnen! Gar nicht leicht, den aufzutreiben. Aber mittlerweile bin ich ja eine „gstandne Münchnerin“ und kenn mich aus. Am Rotkreuzplatz wurden wir fündig. Solange man nicht selber im Weihnachtsstress ist, macht man ja alles gerne mit. Und ich habe ja alle Einkäufe etc. dieses Jahr auf meine Schwestern abgeschoben; immerhin kamen die Ideen von mir und das ist ja auch Schwerstarbeit hin und wieder (manche Menschen sind so unglaublich schwer zu beschenken!).
Auf jeden Fall hatten wir per Zufall in der U-Bahn noch Wolfi aus meiner ehemaligen Schule (wir waren seit der 5. in einer Klasse gewesen) und er hatte mich eingeladen, mit ihm und ein paar Freunden die Münchner Weihnachtsmärkte und das Tollwood unsicher zu machen. Da bin ich natürlich immer dabei. Also fuhr ich nach meinem letzten Seminar (verlief erfolgreich, alles in Butter) zum Marienplatz. Sogar das Treffen klappte einwandfrei (was bei mir und auch auf dem Marienplatz ein kleines Wunder ist). Nachdem mir die Männer aus Wolfis Wohnheim alle mit Name und Studienfach vorgestellt wurden (es waren ziemlich viele), wurde erst mal Glühwein getankt. Ich hielt mich dezent zurück. Nicht, weil ich keine Lust auf leckeren Kinderpunsch verspürte, sondern weil ich so dringend aufs Klo musste. Ich befürchtete ganz einfach ein Unglück, sollte ich noch einen Schluck Flüssigkeit zu mir nehmen. Nachdem also der Christkindlmarkt am Marienplatz, Odeonsplatz und der dazwischen gut von uns besucht wurden (überall wurde die Glühweinwirtschaft angekurbelt) und ich auch ein Klo gefunden hatte (Halleluja!), gingen wir noch auf den Mittelaltermarkt (wo genau der ist, hab ich vergessen. Auf jeden Fall nicht weit vom Odeonsplatz weg!). Dort schafften Wofli und ich es, den Rest zu verlieren um dann nach zwei Runden wenigstens zwei wieder aufzugabeln. Während wir da so standen und uns umschauten, kam ein Gaukler vorbei. Ich habe bestimmt schon hin und wieder erwähnt, was für ein gigantischer Freak-Magnet ich bin, so auch hier keine Ausnahme. Zielsicher steuerte der Typ mich an, und fing an, mich nach feinster Minneart zu umgarnen („Schöne Mütze habt ihr da.“ „Äh, ja. Danke, gleichfalls?!“). Das Ende vom Lied war, dass er mich einfach mal mitnahm, während meine drei starken Helden einfach stehen blieben. Ich wurde in ein Zelt entführt und dort versuchte der Spielmann mich zu überreden, eine Korsage oder ein Mieder anzuziehen. Währenddessen nannte er mich ständig Jessy, was mich total nervte. Oder Küken, was ich noch schlimmer fand. Ich versuchte also, möglichst höflich den Rückzug anzutreten, aber mich höflich kam man da nicht weit. Und die Jungs schnallten natürlich gar nichts, denn als ich ihnen zu rief, ob sie denn schon weiter wollten, schüttelten sie nur die Köpfe und meinten, ich solle mir ruhig Zeit lassen. Ja, vielen dank auch. Irgendwann zog ich dann Wolfi zu mir und erklärte, das wäre mein Freund und der fände das jetzt nicht so toll. Und Wolfi, leicht verwirrt, antwortete auf die Frage, ob er denn „seine Freundin“ mal nicht diesem Outfit (knallrote Korsage, die eher an ein leichtes Mädchen denken ließ als an ein anständiges Hoffräulein) sehen wolle, schlicht weg „nein“. Erst da kapierten die anderen auch, dass ich den Gaukler definitiv nicht kannte und noch viel weniger kennen lernen wollte. Hierauf wurde ich heldenhaft gerettet J
Es dauerte noch eine Weile, bis wir die restlichen Wohnheimjungs (wobei die meisten eigentlich schon Männer waren) aufgestöbert hatten. Jedoch trennten wir uns gleich wieder, da die meisten nach Hause fuhren und nur Wolfi, zwei Jungs und ich uns noch auf den Weg zum Tollwood machten. Wer das Festival kennt, weiß auch, dass es dort immer gut zugeht, und auch der Donnerstag war keine Ausnahme. Wie sollten wir da nur jemand finden?! Denn der Sohn unseres ehemaligen Französischlehrers ist seit einiger Zeit auch in München und trieb sich zu gegebenen Zeitpunkt auf der Theresienwiese herum. So schwer war es dann doch nicht, aber die schon kräftig der Feuerzangenbowle zugesprochen hatten, wollten wir erst mal noch rumschauen, bevor wir uns dazu gesellten. Das taten wir dann auch ausführlich, doch zuvor trafen wir noch einen anderen Freund von Wolfi. War recht lustig. Wie gesagt, zu etwas späterer Stunde landeten auch wir bei der Feuerzangenbowle und ich bekam endlich meinen Kinderpunsch. Während wir also selig dort standen und ich Kindheitserinnerungen schwelgten kam ein lautes „He! Wer ist na da?!“ von nebenan, und siehe da: ein weiterer ehemaliger Klassenkamerad! Schon sehr lustig, vor allem, weil ich Flo seit dem Abi nicht mehr gesehen hatte.
Doch so schön das Wiedersehen auch war, es war kalt und wir wurden müde und so tigerten wir heim-
Das Wochenende hatte ich mir wunderbar geplant: Freitag wollte ich erst mal ausschlafen, dann gemütlich mein Zeug packen und dann heimfahren. Am späten Nachmittag vielleicht noch auf den Christkindlmarkt in Kelheim und dann abends mit Franzi zu einem ultimativen Mädlabend durchstarten, Jil wäre vielleicht auch von der Partie gewesen. Samstag hätte ich mich dann um Weihnachtskarten etc gekümmert, hätte gelesen, geschlummert… und des Nachts wollte ich zu einem Konzert nach Rohr fahren, wo sowohl der Mädchenchor als auch die Liedertafel auftraten. Darauf freute ich mich echt besonders! Für Sonntag war ein Treffen mit Elli geplant, die ich ja nun auch schon seit Monaten nicht mehr gesehen hatte. So viel zu erzählen!
Aber es kam alles ganz anders.
In der Nacht zum Freitag wachte ich mit wahnsinnigen Bauchschmerzen auf. Zuerst dachte ich, es wäre, weil ich nichts gegessen hatte und wollte weiterschlafen. Wenn das nur gegangen wäre! Ich lag also mehr oder weniger wimmernd drei Stunden in meinem Bett, bis ich um halb 7 meine Eltern anrief um ihnen zu sagen, dass ich unmöglich einen Zug nehmen könnte. Zu diesem Zeitpunkt heulte ich bereits wie ein Kind. Mein Dad sprang also ins Auto und holte mich sofort ab. In den 1,5 Stunden dazwischen packte ich so gut es ging meine Sachen und telefonierte mit meiner Mutter. Achja, so ca. um 5 Uhr hatte ich mich das erste mal übergeben, und seitdem rannte ich öfters auf die Toilette. Die Fahrt verlief eigentlich ganz gut, wenn man bedenkt, dass ich nur zweimal spucken musste und die Schmerzen beim Sitzen auch nicht schlimmer waren als im Liegen oder Stehen. Ich sprang also von einem Auto ins andere und meine Mutter kutschierte mich zum Arzt. Der schickte mich gleich ins Krankenhaus zur Notaufnahme. Und wer arbeitet da im Moment? Meine Zwillingsschwester. Also erst mal großes Familientreffen. Ständig kamen Leute, um sich davon zu überzeugen, dass wir ja TATSÄCHLICH wie Zwillinge aussehen! Ja, prima. Aber ich hab Schmerzen, wollen wir erst mal das klären? Nein, es waren wirklich alle sehr nett und zuvorkommend. Nur einmal musste ich mich verweigern. Und das war, als meine Schwester mit eine Spritze in den Arm rammen wollte um mein Blut abzunehmen. Das lies ich dann doch lieber jemand anderes machen. Allerdings würde ich sie nun, da ich gesehen habe, wie sie arbeitet, schon ranlassen. Deshalb habe ich ihr auch erlaubt, zu assistieren, sollte es denn noch zu der OP kommen. Genau, ich habe nämlich Verdachte auf Blinddarm. Gestern wurde ständig hin und her überlegt, ob ich jetzt unters Messer komme oder nicht. Alle paar Minuten kam jemand anderes rein, drückte auf meinem Bauch rum („Nö, da tuts nicht weh. Da ist es sehr unangenehm. JA, DA TUT ES WEH!) und stellte wieder und wieder dieselben Fragen. Ständig wurde mir was von Leukos und CRP und was weiß ich was erzählt. Ich nickte und lächelte. Was ich aber verstand: Heute noch keine OP, mal morgen weiterschauen. Obwohl sich der Tag schon ziemlich zog, wurde es mir doch erträglich gemacht, indem Franzi und Spieli vorkamen, ebenso wie Jilly und Konsti und meine Eltern. Das war schon schön. Die Nacht verlief dann relativ unspektakulär. Ich konnte hin und wieder schlafen (gepriesen seien die Schmerzmittel), und ich musste nur einmal spucken. Der Schmerz hatte ich sich nun zwar rechts zentriert, war aber nicht mehr so stark. Ich war also ziemlich überzeugt davon, dass ich am Morgen entlassen werden würde. Aber nichts da. Die Blutwerte machten schon wieder komische Sachen (Leukos von 1200 auf 5500 gefallen, CRP stark gestiegen), jedoch wieder nichts eindeutiges, also noch eine Nacht. NOCH EINEN GANZEN TAG HIER? Oh nein, mir war eh schon so langweilig! Aber dann kam die wunderbare Nachricht: Ich durfte Zwieback und Tee essen! Yay! Das fand ich nach 45 Stunden ohne Nahrung auch ganz angebracht… Die Infusionen finde ich irgendwie nicht wirklich befriedigend.
Und immerhin hab ich ein gutes Buch, das macht es natürlich auch besser. Jilly und Georgie kamen dann am Vormittag und brachten mir noch das Aufladegerät fürs Handy und meinen Laptop, weil es hier ja WLAN gibt. Ich brauchte also nur noch ein Formular unterschreiben, auf dem dann auch Benutzer und Passwort waren und dann konnte ich mich im Internet verdingen. Ha! Die EDV kommt erst wieder am Montag (wobei ich mir dachte, dass es schon sehr interessant ist, dass man gleich eine ganze EDV-Abteilung braucht um mir zwei Wörter auszuhändigen…). Also kein Internet. Keine Emails, kein ICQ, kein StudiVZ, kein Blog, kein gar nichts.
Deshalb schreibe ich auch alles gerade in eine normale Datei, aber auch das ist schön ablenkend. Wann immer ich dann endlich raus kann, werde ich das ganze für euch posten J
Heute Nachmittag kam dann noch mal Franzi und brachte mir DVDs, was ich ausgesprochen lieb fand! Es muntert mich schon auf, wie alle an mich denken.
Weitere Ablenkung lieferte ein verwirrter, alter Mann im Bademantel, der mich besuchte. Ich verstand leider kein Wort von seinem Genuschel, aber ich glaube, uns beiden war klar, dass ich nicht die Person bin, die er suchte. Nach einiger Zeit konnte ich ihn überreden, zu den Schwester zu gehen, die ihm dann schon weiterhelfen würden. War schon ein wenig verrückt.
Da wir schon von verrückt sprechen: Im Nebenzimmer oder irgendwo in der Nähe muss eine kaputte Heizung oder ein seltsames Gerät oder so sein, denn von Früh bis Spät und auch die komplette Nacht hindurch höre ich ein ziemlich penetrantes Zwitschern-Zirpen. Das macht mir wahnsinnig!
So verbringe ich also mein so toll geplantes Wochenende nun im Krankhaus; lesend, schlafend und nun auch schreibend. Allerdings muss ich nun zu einem Ende kommen, da sich die Nadel in meiner Armbeuge langsam über das Getippe beschwert.
TEIL II
Das restliche Wochenende verlief nicht gerade spannender… liegen und warten. Die einzige Abwechslung waren meine Freunde, die zu Besuch kamen. An dieser Stelle muss ich einmal anmerken, wie gerührt ihr war… Wirklich, es war total schön zu sehen, wie besorgt alle waren, wer vorbei kam oder sich per SMS/Anruf meldete, nur weil ich im Krankenhaus lag. Vielen, vielen Dank. Ihr habt mir eine totale Freude damit gemacht! Und zudem noch den langweiligen Stationsalltatstrott aufgelockert J
Montag morgen kam dann der Chefarzt, drückte zwei Mal auf meinen Bauch und beschloss: Etz schau ma mal eine. Aha. Hallo?! Geht’s noch? Wie wärs mit Blutabnehmen? Oder genauere Untersuchung?! Nö. Nada. Ich wurde also über die OP und die Narkose aufgeklärt und knapp zwei Stunden später lag ich schon unterm Messer.
Die genaue Prozedur will ich euch nun ersparen, lang dauert so was ja eh nicht. Das einzig Anormale war wohl, dass meine Zwillingsschwester als Assistentin mit drin war, und alle das total lustig fanden. Ich meine, während der Operation war ich ja eh weg (Narkose ist etwas sehr lustiges!), aber beim Aufwachen fand ich es schon tröstlich, sie da zu haben (vor allem, weil ich ziemlich wirres und peinliches Zeug von mir gab… muss ja nicht jeder hören! Irgendwann fing ich sogar an, ihr zu diktieren, wer wann welchen Geschenk einpacken sollte, weil ich ja nicht daheim sein würde… natürlich weiß ich das nicht mehr wirklich, aber es wurde mir eben erzählt.)
Jaa… Der restliche Montag und auch Dienstag waren dann eher bescheiden. Mein Kreislauf vertrug die Narkose nicht und so hing ich eigentlich nur gewaltig in den Seilen und kotze mich die Seele aus dem Leib bis ich einfach keine Kraft mehr hatte. Aufstehen war eine Qual, Schlafen ging gar nicht. Ich sagte allen Besuchern, die ich rechtzeitig erreichte ab, die übrigen blieben dann auch nicht länger als eine viertel Stunde (ich fand es etwas demütigend, mich ständig vor anderen übergeben zu müssen und schickte sie alsbald weg).
In der Nacht bekam ich dann meine zweite Zimmernachbarin (die erste kam Sonntagabend und verließ mich Montagmorgen wieder, wir hatten uns ziemlich gut verstanden, weshalb es eigentlich eine eher angenehme Überraschung gewesen war).
Da ich sowieso nicht schlafen konnte, machte mir der nächtliche Einzug wenig aus.
Und so kam der Mittwoch. Weihnachten. Und ich im Krankenhaus. Prima. Mittags kam dann ein Arzt und nahm mir Blut ab und obwohl ich doch recht fidel war (ich hatte noch kein einziges mal Spucken müssen!) hatte ich nicht viel Hoffnung, heim zu dürfen. Der „schöne Martin“, der mir die Ergebnisse brachte, bestätigte dies dann: „Naja, wenigstens gefällts Dir hier…“ Meine Frage, wie lange ich denn noch bleiben müsse, beantwortete er mit „Doch noch recht lang, zumindest so lange, wie deine Eltern brauchen, Dich abzuholen. Frohe Weihnachten!“ Da strahlten wir uns beide an! Auch meine Zimmerkollegin wurde entlassen, also fröhliche Stimmung ringsum.
Natürlich bekam ich noch viele Mahnungen und Vorbehalte mit auf den Weg, denn wäre es ein normaler tag gewesen, hätte ich schon noch mind. 2 Tage bleiben müssen. Jesus sei Dank, sag ich da bloß ;)
Und so verbrachte ich Heilig Abend doch im Kreise der Familie. Recht müde und abgeschlagen zwar, aber immerhin. Bereits vor 9 lag ich dann im Bettchen, las noch ein paar Seiten im neuen Buch und entschwebte dann in eine schöne Traumwelt….nicht. Also, schlafen funktioniert noch nicht so ganz, aber auf heute hab ich immerhin stellenweise recht tief für ein oder zwei Stunden geschlafen. Wer will denn mehr?!
Jetzt werde ich also in den nächsten Tag wieder vollkommen genesen und dann mal mein Unizeug anpacken. Was Silvester so geht, weiß ich noch nicht genau. Wird wohl eher spontan bei mir, dieses Jahr!
Ich wünsch Euch noch schöne Feiertage!